Durch die Teilnahme an der Wanderausstellung ›Extreme Malerei‹, die zunächst im Februar 1947 im Augsburger Schaezlerpalais gezeigt wird, lernt Rupprecht Geiger den damaligen britischen Konsul John Anthony Thwaites kennen, der zu den frühesten und entschiedensten Förderern seiner Kunst zählt. Die dritte Schau moderner Kunst ist seit Kriegsende der erste Versuch, die wichtigsten Stilrichtungen der Nachkriegszeit anhand markanter Vertreter darzustellen. In der Wohnung von Thwaites findet in den ersten Kriegsjahren eine Art Diskussionsrunde abstrakter Künstler statt, an der Geiger bald teilnimmt. Mitwirkende sind die Maler Gerhard Fietz, Willi Hempel, Willi Baumeister, die Bildhauerin Brigitte Meier-Denninghoff (später Matschinsky-Denninghoff) und der Kunsthistoriker Ludwig Grote. Ab Februar 1948 bietet die neu eröffnete Moderne Galerie Stangl eine weitere Plattform des Austausches. Dem Kreis schließen sich die Künstler Rolf Cavael und Fritz Winter sowie der Kunsthistoriker Franz Roh an. Im Anschluss an einen Atelierbesuch, bei dem Thwaites Geiger seinen Vorschlag zur Bildung einer Künstlergruppe offenbart, stellen die beiden diese Idee dem Gesprächskreis zur Diskussion. In der Galerie Stangl gründen sie am 19. Juli 1949 nach der Eröffnung einer Cavael-Ausstellung die »Gruppe der ›Gegenstandslosen‹ süddeutschen Maler«. Mitglieder sind zunächst Cavael, Fietz, Geiger, Hempel und Winter. Hinzu kommen bald Baumeister und Meier-Denninghoff. Thwaites, die Kunsthistoriker Grote und Roh sowie der Galerist Stangl stehen den Künstlern beratend und fördernd zur Seite. In einem Brief an Theodor Werner vom 25.7.1949 rechtfertigt Fietz die Gründung der Künstlergruppe wie folgt: »Die augenblickliche Situation in der Öffentlichkeit und im Kunstleben drängt nach einem Zusammenschluss der abstrakt arbeitenden Maler, um eine geistige Front zu bilden und der abstrakten Kunst durch gemeinsame Ausstellungen stärkeren Widerwall zu verschaffen.« Anknüpfend an die Tradition des ›Blauen Reiter‹ ist das zentrale Anliegen der Gruppe, »die abstrakte Malerei durch Bild und Wort zu verbreiten, so daß sie Allgemeingut wird, d.h. daß sie bestimmende Aussageform unserer Zeit wird« (Vorschläge zu einer Interessengemeinschaft). Als künstlerisches, verbindliches Programm ist eine dezidierte Abkehr von der Naturnachahmung gefordert. Kein gemeinsamer Stil, sondern die Abstraktion als Sinnbild künstlerischer Freiheit wird angestrebt. Der kämpferische Ansatz der Gruppe ist in Verbindung mit der radikalen Abkehr von der jüngsten Vergangenheit bzw. mit der politischen Aufgabe einer kulturellen Erneuerung Deutschlands zu verstehen. Der notwendige künstlerische Austausch, die angestrebte gesellschaftliche Akzeptanz sowie der damit verbundene erwünschte wirtschaftliche Erfolg veranlassen viele Künstler, sich in Gruppen zusammenzuschließen und so die damals oft anzutreffende Isolation zu überwinden. |
Auf der Suche nach einem repräsentativen Namen wird die Künstlergruppe nach kontroversen Diskussionen in den letzten Monaten des Jahres 1949 in ›ZEN 49‹ umbenannt. Die Umbenennung geht vermutlich auf den Vorschlag Geigers zurück, der sich damals mit der Idee des Zen-Buddhismus beschäftigt. In der abstrakten Zeichensprache bzw. der abstrakten Lebenshaltung der Zen-Mönche sieht er eine mögliche Parallele zur abstrakten Malerei. Die Auseinandersetzung mit der fernöstlichen Philosophie und Kunst, die bereits bei Kandinsky vorzufinden ist, weitet sich nach dem Zweiten Weltkrieg zusehends aus, wie die Popularität der in den ersten Nachkriegsjahren erschienenen Bücher über Zen zeigt. Die erste Ausstellung der Künstlergruppe ZEN 49 findet im April 1950 im Central Art Collecting Point in München statt. Zur Ausstellung schreibt Roh, dass die Mitglieder von ZEN 49 sich auf »restlos gegenstandslose Gestaltung konzentrieren«, und dass sie »die äußere Wirklichkeit der Dingwelt […] nicht mehr im geringsten in die Malerei und Plastik einbeziehen wollen«. Neben den Gründungsmitgliedern werden als Zeichen für die Offenheit und Internationalität der Gruppe weitere Künstler, wie beispielsweise die zum Ehrenmitglied ernannte Hilla von Rebay, eingeladen, mit der Gruppe auszustellen. Trotz der Ausstellungsübernahme durch andere deutsche Städte und der weitgehend positiven Kritiken, tritt der gewünschte Erfolg erst später ein. Von diesem Erfolg zeugen das ununterbrochene Anwachsen der Mitgliederzahlen sowie die letzte Ausstellung der Gruppe ZEN 49 in Deutschland im Jahre 1955, über die berichtet wird, dass sie »die deutsche Elite der abstrakten Kunst« vereinige. Eine Ausstellungs-Tournee durch amerikanische Colleges 1956/57 bildet einerseits einen Höhepunkt, markiert jedoch andererseits das Ende der Gruppe. Ohne sich jemals aufzulösen fällt die Gruppe auseinander. Dies geschieht, weil sie ihre ›Mission‹ – die abstrakte bzw. gegenstandslose Kunst in Deutschland zu etablieren – erfüllt hat. Außerdem haben die meisten Mitglieder die erhoffte Anerkennung erreicht. Rupprecht Geigers öffentliches Ansehen steigt Anfang der fünfziger Jahre kontinuierlich: 1951 erhält er mit der Gestaltung der Fassade des Münchner Hauptbahnhofs seinen ersten öffentlichen Auftrag im Bereich der Kunst am Bau und ihm wird der renommierte Domnick-Kunstpreis verliehen. 1953 organisieren die Münchner Moderne Galerie Otto Stangl und die Kölner Galerie der Spiegel die ersten Einzelausstellungen des Künstlers. Autorin: Julia Geiger |